Wildcats-Kapitänin kann am Sonnabend ihren Ex-Klub im DVV-Pokal ärgern

Frühjahr 2016: Für Lene Scheuschner geht es in Aachen sportlich nicht weiter. Der Volleyball-Erstligist aus Nordrhein-Westfalen muss Insolvenz anmelden, die Mannschaft ausgetauscht werden.

Das Ende nach nur einer Saison bei den Ladies in Black (LiB) kommt ungewollt für die Stralsunder Außenangreiferin. Gern hätte sich Scheuschner weiter auf national höchstem Niveau durchgebissen. Stattdessen kehrt die Medizin-Studentin zurück in die Heimat, wechselte beruflich nach Rostock und sportlich in ihre Geburtsstadt.

Nach dreieinhalb Jahren trifft die Wildcats-Kapitänin nun im Achtelfinale des DVV-Pokals auf ihren Ex-Klub (Sa., 17 Uhr), mit dem sie schon im Cup-Halbfinale stand. Die 23-Jährige erinnert sich zurück an ihre Zeit in der Domstadt.

Lene Scheuschner, wie groß ist Ihre Pokal-Anspannung?

Es ist immer toll, ein Achtelfinale spielen zu dürfen. Für mich war die Qualifikation natürlich besonders reizvoll, seit klar war, dass wir dann auf Aachen treffen würden.

Nach Ihrem Abitur im Sommer 2015 haben Sie nach Stationen in Stralsund, Schwerin und Berlin den Schritt nach Aachen gewagt. Warum?

Für mich war klar, dass ich nicht ausschließlich Volleyball spielen möchte. Ich brauchte etwas für den Kopf. Ein Medizin-Studium stand für mich fest, so war die Vereinsauswahl schon eingeschränkt. In Aachen haben mich der Studienberater und die Fans überzeugt. Ich hatte das Gefühl, dass dort das Gesamtpaket stimmt.

Sie waren als Lady in Black also kein Vollprofi?

Nein. Ich habe die Hälfte der Uni-Kurse belegt. Mehr ging nicht, da wir zweimal pro Tag Training hatten.

Sie kamen als mehrfache Jugend-Nationalspielerin nach Aachen. Dort hatten Sie mit den Auswahlspielerinnen Miroslava Kuciakova und Laura Weihenmaier, Georg-Grozer-Schwester Dora und Zoe Liedtke viel Konkurrenz auf der Außenangreifer-Position. Trotz regelmäßiger Einsatzzeiten gelang Ihnen der Schritt zur Stammkraft nicht. Waren Sie dennoch zufrieden mit der sportlichen Entwicklung?

Ja. Ich weiß nicht, wohin es sich entwickelt hätte, wenn ich länger dort geblieben wäre, was ich ja wollte... Mindestens ein Jahr hätte ich gern noch für Aachen gespielt.

Ihr Abschied kam nicht freiwillig und war im Nachhinein unnötig?

Uns wurde offen gesagt: Wir haben kein Geld. Es sah also nicht danach aus, dass es für mich dort weitergeht. Ich musste für einen Uni-Wechsel Fristen einhalten. Nachdem ich schon in Rostock zugesagt hatte, konnte das Team Ladies in Black doch weitermachen. Mein Wechsel stand aber schon fest.

Hätten Sie nicht woanders Erstliga-Volleyball spielen können?

Ich hätte mein Studium sowieso irgendwann in den Vordergrund gestellt. Halbtags Medizin studieren – das dauert ja ewig! Zudem habe ich in Aachen gemerkt, dass ich Sehnsucht nach der Küste hatte. Ich brauchte immer acht, neun Stunden nach Hause, während unsere Niederländerin oder Italienerin im Team in nur einer Stunde zu Hause waren. Das hat es leichter gemacht, zurückzukommen.

LiB-Mannschaft und -Betreuerstab sind komplett ausgetauscht worden seit Ihrem Wechsel. Haben Sie noch Kontakt zu ehemaligen Aachenern?

Nicht so richtig. Über Social Media bekomme ich mit, was die eine oder andere macht. Aber wenn man sich bei Turnieren oder Testspielen über den Weg läuft, ist das Wiedersehen schön.

Schauen Sie am Wochenende in der Bundesliga als Erstes auf das Ergebnis der Ladies in Black?

Ich verfolge vor allem  die Spiele von Schwerin und Aachen. Im direkten Duell bin ich allerdings für den SSC, weil ich früher selbst auch dort aktiv war und mittlerweile meine beste Freundin Kimberly Drewniok in diesem Team spielt.

Wie groß ist die Chance, dass die Wildcats am Sonnabend den Fünf-Satz-Krimi aus dem Vorjahr gegen Straubing wiederholen?

Das wird sehr schwer! Aachen ist sehr gut drauf, noch ungeschlagen.

Die Wildcats sind auch seit eineinhalb Monaten unbesiegt...

Wir sind personell ausgeglichen. Das macht uns stark. Unser Vorteil am Sonnabend ist, dass wir keinen Druck haben – und die Fans im Rücken. Ich hoffe, die Halle wird voll!

Von Horst Schreiber

Gegner- und Spielinfos zum Pokal

2013 standen sich die Wildcats und Ladies in Black schon einmal im DVV-Pokal-Achtelfinale gegenüber. Damals verloren die Stralsunderinnen zuhause mit 0:3 (16:25, 23.25, 17:25). Bei den Ladies in Black stehen aktuell elf Spielerinnen aus acht Nationen unter Vertrag. Die niederländische Trainerin Saskia van Hintum wird 2020 zusätzlich Schweizer Nationaltrainerin. Da der 1. VC Stralsund großen Fanandrang zum Pokalspiel erwartet, legt der Club seinen Fans nahe, mit öffentlichen Verkehrsmittel anzureisen. Das widerrechtliche Parken in der Rudolf-Virchow-Straße wurde zuletzt vermehrt mit Bußgeldbescheiden und Abschleppen geahndet.