Stralsunder Volleyballerinnen stoßen Tabellenführer Leverkusen mit 3:0-Erfolg vom Thron

Mit einer beeindruckenden Vorstellung haben die Stralsunder Wildcats den Tabellenführer der 2. Bundesliga Nord vom Thron gestoßen. Die Volleyballerinnen watschten Bayer Leverkusen im Schnelldurchgang mit 3:0 (25:17, 25:15, 25:22) ab.

„Dieser Sieg ist Balsam für die Seele, denn ich glaube, wir sind eins der Teams, die für ihren Erfolg am meisten investieren“, strömte es aus einem rundum zufriedenen André Thiel. Der Trainer wurde am Sonnabend in seiner Spielanalyse immer wieder von einigen der 450 Fans unterbrochen, die ihm ein „geiles“ Spiel attestierten. Rund zwei Stunden nach Spielende brandete sogar tosender Applaus bei den Handballfans des Stralsunder HV in der Vogelsanghalle auf, als Hallensprecher Andreas Boehk den Triumph der Volleyballerinnen kundtat. Die Wildcats surfen auf der Euphorie-Welle.

Wildcats-Motor läuft sofort heiß

Die schwappte direkt zu Spielbeginn in der Diesterweghalle hoch, denn wie schon im Pokal vor einer Woche startete die Thiel-Truppe furios. Beim 8:2 hatte Kapitänin Lene Scheuschner eine Sechs-Punkte-Serie hingelegt und beim 12:4 hatte Gäste-Trainer Tigin Yaglioglu bereits seine zweite Auszeit verpulvert. „Ich denke, unser Warm-up ist einfach gut. Die Mädels sind heiß und im Kopf super hochgefahren“, sagte Thiel über die Anfangsstärke seines Teams.

Weil die Gastgeberinnen den Gästen die Bälle nur so um die Ohren droschen und der Ligaprimus mit Abstimmungsproblemen zu kämpfen hatte, schnappten sich die Wildcats souverän Satz eins. Kurios: Beim Satzball baggerte Mittelblockerin Rosa Ahrenberg nach längerer Rallye aus der Drehung ins Leverkusener Feld. Der eigentlich harmlose Ball fiel genau in die Mitte der Bayer-Sechs, die nur regungslos zuschaute.

Stralsunds Abwehr zieht Leverkusen den Zahn

Auch im zweiten Abschnitt war Leverkusen völlig von der Rolle. Die Abwehr blieb löchrig und wirr. Zudem zogen die Wildcats dem Gegner mit starkem Block und Feldabwehr den Zahn. Stets waren Stralsunder Fingerspitzen zwischen Ball und Boden. „Ihre Abwehr war an jedem Ball dran“, ächzte Leverkusens Kapitänin Anna Hoja. Das sah auch Wildcat Laura Kurtze so: „Wir haben super gut gesichert. Irgendwie hatte immer noch jemand die Hand am Ball.“

Die Leverkusenerinnen brauchten zusehends länger, um sich zu sammeln. „Wir mussten das Spiel emotional drehen. Das war unsere einzige Chance“, gestand Hoja. Doch die ließen die Wildcats ihnen nicht. Denn sie setzten immer wieder sportliche und emotionale Höhepunkte. So sprang Scheuschner eine Annahme direkt zurück ins Bayer-Feld, die für Volleyballverhältnisse 1,78 Meter kleine Teamkollegin Svenja Enning drehte sich blitzschnell zum Netz und blockte den Leverkusener Schuss im Alleingang zum 9:7 im dritten Satz. Unter Getose breitete sie beide Arme aus und nickte zustimmend, als wolle sie sagen: Seht her, uns gelingt derzeit alles!

Auch die einzige Drangphase der Bayer-Frauen überstanden die Wildcats mit Bravour. Erst brachte ein Hoja-Geschoss zum 13:14 aus Leverkusener Sicht, die Gäste-Mannschaft zum Kochen. Dann hielt Lene Scheuschner mit zwei wuchtigen Angriffen hintereinander dagegen (17:17). Da musste selbst Gäste-Coach Yaglioglu schmunzeln: Sein Team konnte die Wildcats-Angriffe an diesem Tag einfach nicht stoppen. Kurz darauf war der unerwartet deutliche Erfolg eingetütet.

„Stralsund hat einen Sahnetag erwischt. Das 3:0 ist verdient“, musste Anna Hoja anerkennen.

Wechsel-Irrtum: finale Phase ohne Zuspielerin

Da fiel es am Ende nicht einmal ins Gewicht, dass Stralsund in der Schlussphase ungewollt ohne Zuspielerin auf dem Feld agierte. Keiner hatte mitbekommen, dass Thiel mit der Auswechslung von Enning (22:22) sein Wechselkontingent schon voll ausgeschöpft hatte. „Ich dachte, ich kann noch mal zurückwechseln“, kommentierte der Trainer den Irrtum.

Mit dem zehnten Punkt aus dem vierten Spiel liegen die Wildcats nun zwei Zähler hinter dem neuen Tabellenführer Borken, der zwei Partien mehr absolviert hat, auf Rang drei. Die Tabellenspitze ist in greifbarer Nähe. Gegnerin Anna Hoja weiß um die Stärke der Stralsunderinnen. „Sie werden oben mitspielen“, orakelt die Leverkusenerin, schränkt jedoch ein: „Die Meisterschaft werden sie aber nicht entscheiden“. Die 27-Jährige sieht nämlich die langen Auswärtsfahrten als entscheidenden Nachteil für die Wildcats. Die nächste Reise steht auch schon vor der Tür. Die Sund-Volleyballerinnen müssen beim VfL Oythe bestehen, der am Sonnabend seinen ersten Sieg einfuhr.

Von Horst Schreiber