Volleyballerinnen müssen im Spitzenspiel beim BBSC Berlin dritte Saisonpleite einstecken.

Es brodelte sehr lange in André Thiel. Kurz nach dem Abpfiff der Partie seiner Wildcats beim BBSC Berlin verschwand der Trainer in der Kabine, verkroch sich wortlos in eine Ecke der Sporthalle in Köpenick. Die 1:3 (18:25, 23:25, 25:16, 25:27)-Niederlage schmerzte.

Nicht, weil der Nimbus des Unbesiegbaren, der seit fast zwei Monaten um die Stralsunder Volleyballerinnen waberte, vom ärgsten Verfolger des Zweitligaspitzenreiters zerbröselt wurde, sondern weil sein Team erst überrannt wurde und dann zweimal Führungen nicht ins Ziel brachte. „Natürlich war ich angefressen. Da geht es mir heute nicht besser als gestern“, gestand Thiel noch am Montag.

Die Berlinerinnen, gewillt im dritten Spiel der Saison endlich den ersten Sieg gegen die Wildcats einzufahren, waren perfekt auf das Duell eingestellt. So agierten sie zu Beginn in der Abwehr sattelfest, allen voran Annika Kummer, und spielten sehr schnell über Zwillingsschwester Katharina zu. „Wir sind generell abwehrstark. Zudem hat unser System, wie wir gegen Stralsund spielen wollten, sehr sehr gut funktioniert“, freute sich Annika Kummer.

So war der Stralsunder Block, eigentlich eine Stärke des Tabellenführers, häufig nicht existent. Die Angreiferinnen um Annalena Grätz und Josephine Suhr drückten die Bälle mit Wucht auf den Stralsunder Boden. Die Wildcats rannten stets einem Rückstand hinter, konnten maximal auf zwei Punkte verkürzen. Nach 24 Minuten stand der erste Satzverlust für Stralsund seit Ende November zu Buche. Der Verfolger war obenauf, der Verfolgte wirkte mächtig angeknockt. „Berlin hat Bälle gerettet, die eigentlich verloren waren. Das hebt die natürlich auf Wolken. Da werden die drei Köpfe größer“, verdeutlichte Thiel.

Da kam die Satzpause den Gästen gelegen. Die Wildcats kamen besser ins Spiel und gingen mit knapper Führung in die Crunchtime des 2. Satzes. „Dann machen wir zwei Annahmefehler, ungewöhnlich, und die waren tödlich“, erinnerte sich Thiel, der erstmals seit „Ewigkeiten“ eine Crunchtime-Niederlage hinnehmen musste.

Die anschließende Pause tat diesmal nicht nur gut, sie bewirkte Wunder. „Bei uns hat sie ins Negative umgeschlagen“, wunderte sich Annika Kummer über den plötzlichen Bruch im Spiel ihrer Mannschaft. Die Sundvolleyballerinnen hatten ihre Konkurrentinnen nun fest im Griff und erspielten sich große Vorsprünge – nur noch 1:2. Die Wildcats waren zurück im Spiel.

Das bestätigten sie auch im vierten Satz. Der entscheidende Bruch kam kurz nach der letzten technischen Auszeit des Spiels. Beim Stand von 17:12 bekamen die Wildcats die Aufschläge von Antonia Lutz nicht unter Kontrolle – 17:17. „Die waren platt und wir schenken denen die Rückkehr in den Satz!“, ärgerte sich Thiel. In einem packenden Satzfinale mit langen Ballwechseln nutzte Berlin den dritten Matchball zum viel umjubelten Sieg vor der BBSC-Rekordkulisse von 345 Fans, darunter lautstarker Stralsunder Anhang.

Die Bilanz von Thiel: „Man muss eingestehen, dass wir zuletzt nicht das Trainingsniveau hatten, dass wir zum Bestehen in Berlin gebraucht hätten. Entgegen aller Behauptungen von außen zeigt das: Wir sind keine Übermannschaft!“

Bei allem Ärger über die dritte Saisonpleite, die erste ohne Punktgewinn, hob der Stralsunder Trainer die Comeback-Qualitäten seiner Mannschaft hervor, in der Anne Krohn als Anführerin herausstach. Die Außenangreiferin wurde von ihren Zuspielerinnen immer wieder gesucht, erzielte mit druckvollen Schlägen viele Punkte und wurde zum siebten Mal in dieser Saison zur MVP geehrt. „Wir hatten eine unfassbar starke Anne Krohn auf dem Feld“, lobte Thiel, der selten Einzelleistungen extra honoriert.

Von Horst Schreiber (OZ)