Stralsunder Volleyballerin verletzte sich vor einem Jahr schwer und peilt Rückkehr an

Stralsund. 9. November 2019: Rosa Ahrenberg blockt einen Leverkusener Angriff, landet und spürt ein Ziehen im rechten Knie. Die Stralsunder Wildcats sind zu diesem Zeitpunkt nur noch einen halben Satz vom 3:0-Sieg entfernt.

Also macht die Mittelblockerin weiter, obwohl sie nicht mehr rund läuft. „Ich hatte noch überlegt, mich auswechseln zu lassen“, blickt die junge Volleyballerin zurück. Doch der Ehrgeiz blendet den – wie sich später rausstellt – folgenschweren Schmerz aus. Diagnose: Riss im Knieknorpel. Es ging nichts mehr.

Ein Jahr später hat sie ihren ersten Block seit der Verletzung gemacht – im Training. Im Topspiel am Sonnabend gegen Bayer Leverkusen könnte Ahrenberg auf ihre gelernte Position zurückkehren, wenn auch nur für wenige Ballwechsel. „Ich habe keine Angst mehr um mein Knie“, sagt sie – etwas zurückhaltend. Vorsicht und Geduld waren ihre unliebsamen Ratgeber der letzten rund 380 Tage.

Der Befund von damals warf die 21-Jährige zurück. Ahrenberg konnte den fabelhaften Lauf der Wildcats im Dezember und Januar nur noch von außerhalb des Spielfeldes begleiten. Die Stralsunderinnen marschierten souverän Richtung des ersten Zweitliga-Titels der Vereinsgeschichte. Und Ahrenberg war zum Zuschauen und Anfeuern verdammt. Stets streifte sie sich am Wochenende das Trikot in der Gewissheit über, dass es eh nicht dreckig werden würde.

Nach monatelangem Kraft- und Stabilisationstraining wurden ihre Schmerzen Ende Februar weniger, traten nur noch gelegentlich auf. Wieder war der Ehrgeiz zu groß. Ahrenberg stand nach 1000 Spielminuten für wenige Ballwechsel wieder am Netz. Mit dem Saisonabbruch der erneute Rückschlag. Wieder Schmerzen. Der Heilungsprozess ist langwierig, ganz schließen wird sich der Riss sowieso nie wieder.

Während sich ihre Teamkolleginnen zum Strandvolleyball verabredeten, suchte Ahrenberg einen Spezialisten in Berlin auf. Der Arzt wollte nach Ansicht der ersten MRT-Bilder operieren. Nach weiterer Untersuchung konnte der Eingriff vermieden werden. Das Knie machte gute Fortschritte. Der Saisonstart im September kam trotzdem viel zu früh. „Den hatte ich schon abgehakt, als ich das erste Mal beim Spezialisten war“, tat Ahrenberg ab. Für die 1,81 Meter große Volleyballerin, die beim SC Potsdam ausgebildet wurde, hieß das: weiter Einzeltraining im Kraftraum. „Diese Zeit war zwar blöd, aber ich war einfach froh, um die OP herumgekommen zu sein.“

Doch seit wenigen Wochen ist die Skandinavistik-Studentin zurück im Mannschaftstraining. Weil sie zunächst nicht springen durfte, half die Mittelblockerin in der Abwehr aus und feierte am vergangenen Wochenende sogar ihre Rückkehr auf die Platte – als Libera. „Meine Einwechslung ging plötzlich so schnell, dass ich gar keine Zeit hatte, aufgeregt zu sein“, erzählte Ahrenberg. Nun darf die gebürtige Berlinerin wieder springen und hofft, auf ihre Stammposition zurückkehren zu können. Gegen Leverkusen hat die Leidenszeit begonnen, gegen Leverkusen soll sie enden.

Doch Ahrenberg bremst die Erwartungen. Sie hat gelernt, geduldig zu sein, obwohl es ihr ungemein schwer fällt. „Ich glaube noch nicht dran, dass ich gegen Leverkusen wieder blocke“, sagt sie.

Dabei wäre ihre schnelle Rückkehr wichtig für das Team. Im Mittelblock hapert es seit Saisonbeginn bei den Wildcats. Fast alle Angriffe gehen über Außen oder Diagonal, gelegentlich aus dem Hinterfeld. Schnellangriffe durch die Mitte sind äußerst rar. Am Sonnabend müssen die Mitten Sanja Bruns, Paula Wedekind, Dana Polenz und Lisa Schulmeister ordentlich ackern, um die Angriffe des souveränen Tabellenführers der 2. Bundesliga Nord abzuwehren. Ob auch Rosa Ahrenberg wieder aushelfen kann, wird sich zeigen. Zum Anpfiff um 17 Uhr wird sie sich das Spieltrikot überstreifen. Und vielleicht wird es sogar dreckig.

Von Horst Schreiber (OZ)