Die Stralsunder Wildcats gewinnen am Wochenende vier Punkte gegen Meister Borken und VCO Berlin. Die Volleyballerinnen müssen aber auch drei Abgänge verkraften.

Freude, Enttäuschung und Trauer liegen bei den Stralsunder Wildcats aktuell nah beieinander. Nicht nur sportlich hielt das Wochenende eine Gefühlsachterbahn parat.

Die Volleyballerinnen zwangen am Sonnabend Zweitligameister Skurios Volleys Borken in den Tiebreak, verloren dort aber knapp – 2:3 (25:22, 22:25, 18:25, 25:20, 12:15). Der Punktgewinn war wichtig, um mindestens Platz sieben in der Liga zu sichern, aber zu wenig, um noch auf Rang fünf vorstoßen zu können. Einen Tag später überzeugten die Norddeutschen beim VCO Berlin mit 3:0 (25:16, 25:20, 25:17). Abseits des Feldes vermischen sich Euphorie zum bevorstehenden Saisonfinale, das das 300. Zweitligaspiel des Vereins wird, und Trübsal. Denn ein Trio hat schweren Herzens den Abschied verkündet. Sanja Bruns, Rosa Ahrenberg und Laura Kurtze werden kommende Saison nicht mehr für die Wildcats aufschlagen.

Bruns (22), Ahrenberg (22) und Kurtze (23) beenden ihre Leistungssportkarrieren. Erstere wegen der beruflichen Perspektive. Letztere verletzungsbedingt. Bei Ahrenberg spielt beides eine Rolle. Die Mittelblockerin laboriert seit mehr als einem Jahr an einem kaputten Knie. Ihr Riss im Knieknorpel schien im vergangenen Herbst genesen, doch so richtig zurück auf das Feld kam die gebürtige Berlinerin, die ihr Studium in Greifswald beendet und in Schweden fortsetzen wird, nie. „Ich habe immer versucht, so gut es geht, zu spielen und dem Team zu helfen. Aber es ging nicht lange schmerzfrei“, sagt Ahrenberg ernüchtert. „Ich habe geahnt, dass mich der Leistungssport irgendwann einholt, hatte aber gehofft, dass ich nicht schon mit 22 Jahren so kaputt bin“, ergänzt die Volleyballerin, die beim SC Potsdam ausgebildet wurde, machtlos.

Gleiche niederschmetternde Erkenntnis kam Laura Kurtze. Auch ihr Knie zwingt sie zum Aufhören. Mitte Februar kamen erstmals seit der Operation vor einem Jahr die Schmerzen zurück. „Das Schwerste ist, zu realisieren, dass der Volleyball, der dein ganzes Leben bestimmt hat, nicht mehr Nummer eins sein kann“, seufzt Kurtze. „Ich werde die Mädels vermissen! Wir haben so viel zusammen erlebt.“

2018 stieß die Außenangreiferin zu den Wildcats. Zuvor probierte sich die gebürtige Neubrandenburgerin nach Schule und Volleyballausbildung in Schwerin ein halbes Jahr in den USA aus.

Auch Sanja Bruns blieb diese Saison nicht verletzungsfrei, kann mittlerweile aber mit gesunder Schulter spielen. Sie möchte sich künftig mehr auf ihr Studium des Bauingenieurwesens in Wismar und ihren Werkstudentenjob konzentrieren. „Ich möchte besser werden in dem, was mich weiterbringt“, erklärt Bruns. Einen Monat lang hat sie mit ihrer Familie auf Rügen immer wieder Pro und Kontra abgewogen. Das Ergebnis: Leistungssport ade. „Ich hatte viele schöne Momente mit den Wildcats, allen voran die Siegesserie vor zwei Jahren“, erinnert sich Bruns.

Vor neun Jahren verließ sie ihre Heimat Richtung Sportinternat in Schwerin. 2019 kam die Mittelblockerin nach Stralsund. Der damalige Trainer André Thiel schwärmte bei ihrer Vorstellung: „Wenn wir uns eine Spielerin backen könnten, wäre es Sanja. Sie ist jung, entwicklungsfähig und aus der Region.“

Die Entwicklung endet bei Bruns, Ahrenberg und Kurtze früher als von Spielerinnen und Verein erhofft. An das bevorstehende Abschiedsspiel am Sonnabend zu Hause gegen Sorpesee wollen sie lieber noch nicht denken. „Ich genieße die Spiele, seit die Entscheidung gefallen ist“, sagt Kurtze.

So war sie am Sonnabend zufrieden – trotz knapper Niederlage gegen Borken. Die Wildcats zeigten eins der „besten Spiele der Saison“ (Bruns). Dazu trug auch die Kulisse von mehr als 300 Zuschauern mit zahlreichen launigen Gästefans bei. Die Stralsunderinnen investierten viel, um die Borkenerinnen ins Wanken zu bringen. Das mussten sie auch, denn immer, wenn die Wildcats nachließen, schlug der Spitzenreiter gnadenlos zu. Also appellierte Trainer Robert Hinz in den Auszeiten stets an die Entschlossenheit und Power in den Angriffen seiner Volleyballerinnen. Da sein Gegenüber Chang Cheng Liu dasselbe tat, begegneten sich beide Teams fast zwei Stunden lang auf Augenhöhe – mit dem besseren, aber auch gerechten Ende für den Meister. Am Sonntag hatten die Wildcats beim VCO Berlin deutlich weniger Gegenwehr.

Am 30. April steigt das letzte Spiel der Saison. Die Wildcats empfangen RC Sorpesee.

Von Horst Schreiber
Freier Mitarbeiter der OZ