Zweitliga-Volleyballerinnen nach 3:0-Erfolg in Bad Laer seit fünf Spielen ohne Satzverlust

Bad Laer. Anne Krohn blickte vor der Abfahrt aus Bad Laer im Mannschaftsbus noch einmal auf die Tabelle der 2. Bundesliga Nord auf ihrem Handy. „31:8 Sätze – so langsam wird’s gruselig“, sagte die Diagonalangreiferin der Stralsunder Wildcats in einer Mischung aus Freude und Ungläubigkeit.

Der Höhenflug der Volleyballerinnen vom Sund scheint noch schwer begreifbar, obwohl der nun schon mehrere Monate anhält. Am Sonnabend setzten Krohn und ihr Team den Schlusspunkt auf eine fabelhafte zweite Jahreshälfte. Die Wildcats gewannen beim SV Bad Laer mit 3:0 (25:23, 25:21, 25:22). Es war der fünfte Sieg in Folge ohne Satzverlust!

Besonderes Lob vom Gegner

Angesichts der Dominanz spricht die Konkurrenz in höchsten Tönen vom Stralsunder Team. „Sie spielen sehr konstantes Volleyball. Das ist sensationell gut“, meinte der Bad Laerer Trainer Thomas Wilkens.

In Südwesten Niedersachsens mussten sich die Stralsunderinnen aber mächtig strecken, um den auf dem Papier souveränen Sieg einzufahren. „Der erste Satz war ziemlich intensiv. Wir mussten die Konzentration immer oben halten. Denn sobald wir nachgelassen haben, war Bad Laer da“, beschrieb Krohn. Die Einschätzung gab den Satzverlauf wieder: Die 3:0-Gästeführung war schnell dahin, kurz vor der Crunchtime liefen sie einem 14:18-Rückstand hinterher. Doch in dieser Saison sind die Wildcats in der entscheidende Phase einfach nicht zu knacken. Krohn legte den Satzball hinter den Block und pustete dann kräftig durch. Hartes Stück Arbeit beim Ligasechsten.

In der kleinen aber stimmungsvollen Halle wurde es plötzlich mucksmäuschenstill. Der Satzverlust der Gastgeberinnen trotz aussichtsreicher Führung war ein kurzer Stimmungskiller. „Das ist völlig okay, wenn der Spitzenreiter hier mit 3:0 gewinnt. Nur schade, dass wir uns nicht mit einem Satz belohnt haben“, sagte Wilkens.

Auch Anne Krohn hätte den Gegnerinnen einen Satz gegönnt. „Sie antizipieren sehr gut und kratzen teilweise gute Bälle von uns vom Boden – eine überragende Block-Feld-Abwehr! Da mussten wir hohes Risiko im Angriff gehen“, lobte die Stralsunderin, die als wertvollsten Spielerin des Spiels ausgezeichnet wurde.

Zweiter Satz endet kurios

Trotz guter Abwehr – die Gastgeberinnen belohnten sich in diesem Spiel nicht. In einer kuriosen Szene wehrte Bad Laer den ersten Stralsunder Satzball im zweiten Durchgang ab. Ein Angriff des SV blieb an der Netzkante hängen – dachten zumindest die Wildcats und drehten zum Jubel ab – das Schiedsrichtergespann erkannte aber eine Blockberührung und ließ weiterspielen. Bad Laer ließ den Ball auf das verwaiste Stralsunder Feld tropfen. Kurz darauf beendete Anne Krohn den Durchgang dann aber richtig, und zwar exakt wie im ersten Satz.

„Ich habe meinen Mädels genau diesen Ball in der Auszeit unmittelbar davor noch angesagt“, wunderte sich Thomas Wilkens. Anne Krohn nutzte die Unaufmerksamkeit: „Ich wollte erst durchziehen, doch der Pass war ein bissen eng am Netz. Dann habe ich gesehen, dass deren Sicherung weit hinten stand.“

Auch im finalen Satz drehten die Wildcats in der entscheidenden Phase auf, glichen zum 21:21 aus und brachten den neunten Sieg im elften Spiel unter Dach und Fach. „Dafür stehen sie ganz oben. Sie spielen das solide runter“, musste Thomas Wilkens in seinem letzten Spiel als Cheftrainer eingestehen. Wilkens sprang ab Oktober für den erkrankten Suha Yaglioglu ein und übergibt das Amt nun wieder an den genesenen Routinier zurück.

„Hansi“ Fetting kutschiert die Wildcats

Für die Wildcats begann nach kurzer Feierei mit dem mitgereisten Anhang die nächtliche Rückfahrt nach Stralsund. Dabei können sich die Volleyballerinnen auf Hans-Joachim Fetting verlassen. Der Rentner sitzt seit rund eineinhalb Jahren hinter dem Steuer eines Stralsunder Mannschaftsbusses. Fetting ist Teil des Aufbauteams beim Heimspielen und hat dann angeboten, mit auf Reisen zu gehen. „Das ist eine Bombentruppe, das macht so viel Spaß“, versicherte „Hansi“. Vor allem, wenn die Volleyballerinnen für ihn Rammstein im Bus auflegen. „Erst fingen sie an mit Schlager. Dann haben sie ganz schön geguckt, als ich mir Rammstein gewünscht habe. Das hätten sie von so einem alten Mann nicht erwartet“, lachte der 65-Jährige.

Fetting sagt von seiner Familie, sie sei volleyballverrückt. Tochter Nicole ist Generalsekrätin beim Deutschen Volleyball-Verband, Sohn Christopher Geschäftsführer beim Erstligisten VC Wiesbaden. Da lag es nahe, dass sich Hans beim 1. VC Stralsund engagiert. „Ich wurde Rentner und suchte eine Beschäftigung. Volleyball ist eine Herzenssache“, sagte Fetting.

Und Fetting sitzt gern am Steuer. Auch die Uhrzeiten, zu denen die Wildcats häufig zum und vom Auswärtsspiel Richtung Südwesten fahren, machen ihm nichts aus. Die Rückfahrt aus Bad Laer verlief „spitze“. Die Wildcats in seinem Bus hätten noch ein bisschen gefeiert, dann aber geschlafen.

Die Rückfahrt mussten die Volleyballerinnen schon zum Verschnaufen nutzen, denn Zeit zum Runterfahren bleibt dem Ligaprimus nur über die Feiertage. Schon am 4. Januar müssen die Wildcats wieder bereit sein. Dann steht das letzte Hinrundenspiel gegen Blau-Weiß Dingden an.

Von Horst Schreiber