Platz sechs in der 2. Bundesliga sei unter schwierigen Bedingungen okay, meinen die Stralsunder Volleyballerinnen. Jetzt beginnt die heikle Suche nach Verstärkungen für die Zukunft.

 

1000 Angriffsschläge haute Wildcats-Kapitänin Anne Krohn in der abgelaufenen Saison aus ihrer Schulter. Rund 500 davon führten zu Punkten für die Stralsunder Volleyballerinnen. „Bei einer Erfolgsquote ab 45 Prozent spricht man von Topwert“, ordnet Robert Hinz ein. Mithilfe dieser und weiteren beeindruckenden Leistungen landete der Volleyballtrainer am Ende seines ersten Jahres am Strelasund auf Rang sechs der 2. Bundesliga Nord. „Wir haben hinten raus Fahrt aufgenommen“, unterstreicht der 29-Jährige. Das belegen andere Zahlen: In lediglich zwei von 13 Spielen seit Weihnachten punkteten die Wildcats gar nicht. Nur Konkurrent Köln ging in der Zeit noch seltener mit leeren Händen vom Feld. In der Rückrundentabelle steht Stralsund auf Platz vier.

Der Auftakt im September war dagegen unterirdisch. Volles Lazarett, kein eingespieltes Team, letzter Platz, null Punkte. „So einen Start hatte ich noch nie. Das war nicht einfach“, gesteht Hinz.

„Unter diesen Gegebenheiten ist Platz sechs am Ende völlig okay“, bilanziert Anne Krohn. Wie im Vorjahr fehlten den Stralsunderinnen zwei Pünktchen zu Platz vier. „Wir hatten ein, zwei Patzer in der Saison. Andersherum haben wir häufig Punkte mitgenommen, mit denen wir vorher nicht gerechnet hatten“, betont Krohn. Der klare Sieg in Emlichheim im Dezember und die knappen Tie-Breaks zu Hause gegen das Spitzentrio Borken, Leverkusen und Köln waren solch Zusatzzähler.

„Wenn wir bei 100 Prozent sind und konstant auftreten, zeigen wir sehr starkes Volleyball und gehören zu den besten Teams der Liga“, hatte Robert Hinz vor Saisonbeginn gesagt. Das hatte sich zum Schluss angedeutet. Dafür musste der Trainer etwas von seiner Philosophie abrücken. Hinz’ Teams zeichnen sich durch hohes Tempo aus. „So verstehe und liebe ich Volleyball“, sagt er. Doch das war Stralsund nicht gewohnt. Die Wildcats konnten sich stets auf die starken Quoten ihrer Angriffsspielerinnen verlassen. Es brauchte also Zeit, bis sich Team und Trainer verstanden. „So eine Phase muss man jeden zugestehen“, meint Anne Krohn. Hinz hofft nun, das Spieltempo Stück für Stück anheben zu können.

In einem anderen Punkt hat er die Wildcats schon in seiner Debütsaison sofort auf ein anderes Niveau gehoben, bescheinigt Kapitänin Krohn: „Die Spielvorbereitung hat mich definitiv weitergebracht. Ich kann mich darauf verlassen, dass ich beim Abschlusstraining optimal auf die Gegner eingestellt werde.“

Die Spielerinnen, die nicht wie Anne Krohn direkt in die Strandsaison einsteigen, können jetzt durchschnaufen, bevor es den Sommer über ins Individualtraining geht. Das Trainerteam um Hinz und das Wildcats-Management sind weiter emsig. Der Kader für die Zukunft muss gestaltet werden. Nicht mehr dabei sind Sanja Bruns, Laura Kurtze, Rosa Ahrenberg und Julia Kneba.

Bislang läuft die Suche nach Neuen schleppend. Der Verein steht an einem schmalen Grat. Einerseits braucht das Team potenzielle Erstligaspielerinnen, um den anvisierten Aufstieg realisieren zu können. Andererseits können die Sportlerinnen in der 2. Liga nicht ausschließlich vom Volleyball leben. 

Hinz ist sich sicher: „Stralsund ist einer der besten, wenn nicht der beste Standort in der zweiten Liga für talentierte Spielerinnen, um sich Richtung erste Liga zu entwickeln.“ Doch Berlin, Hamburg oder Köln scheinen auf den ersten Blick attraktiver. „Früher ist man für Volleyball egal wohin gewechselt. Die Eltern haben zur Not die Wohnung bezahlt. Heute muss man den jungen Leuten mehr bieten. Sie verkennen, dass die Region hier mindestens ebenso lebenswert ist wie die Großstädte“, sagt Krohn. 

Spätestens Anfang August muss der Kader komplett sein. Dann bittet Hinz zur Vorbereitung auf die neue Spielzeit – vielleicht mit mehr Tempo, einem besseren Start und wieder 1000 Angriffen von Anne Krohn.

Von Horst Schreiber